17. – 19. Juni 2016
Nachlese Bildergalerie Großseglertreffen SFG- Steinau
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Hier der Baubericht eines kleinen Flugzeuges, dessen Original heute nahezu unbekannt ist.
Um zu berichten wie es dazu kam, muss ich ein wenig weiter ausholen.
Schon als kleiner Bub´ bin ich mit meinem Vater in den neunzehnhundertsechziger Jahren zu diversen Flugtagen in der Umgebung gegangen. In dieser Zeit wurde Tipsy Nipper im Kunstflug dort vorgeführt. Ich selber habe davon absolut keine bildliche Erinnerung mehr. Einzig der Name dieses Flugzeuges (weil es sich so lustig anhört) kam wahrscheinlich öfters über die Lippen meines Vaters und prägte sich bei mir ein. Es vergingen fünfzig Jahre und ab und zu kam während dieser Zeit der Name in Erinnerung, ohne zu wissen, wie das Ding überhaupt aussieht. So auch im Sommer 2012. Dank der modernen Zeit den Namen in eine Suchmaschine des Internets eingegeben und….. Was ist denn das für ein Fliegerchen! Wahnsinn!!! Und was für ein lustiges Fahrwerk mit den O-Beinen, wenn kein Pilot drinsitzt. Daraufhin wurde alles was Youtube an passenden Videos hergibt aufgesaugt. In meinem Hinterkopf begann es zu rumoren. Ideale Proportionen, der Massstab 1:2 = 3m Spannweite (beim Original 6m) wurde als zu klein verworfen. 3,5 m wären besser, also Massstab 1:1,7! Dreiseitenansichten gesucht und gefunden. Die Rechnerei begann. 1:1,7 als Verkleinerung ergibt 82 cm Flügeltiefe an der Tragflächenwurzel, dazu ein „halbsymmetrisches“ NACA Profil mit grossem Nasenradius, das müsste harmloseste Flugeigenschaften ergeben. Das Originalprofil verwenden? Ist zwar auch ein NACA (23012), aber mit seltsamen Aussehen. Besser nicht, das Originalflugzeug trudelte damit anscheinend zu gut. Also kreierte ich mit meiner Profile 2008 Software ein NACA 2213 als Wurzelprofil und ein NACA 2316 als Randbogenprofil. Ich denke, das war gut so! Bei dieser Kombination ist der Holm über die gesamte Spannweite gleich hoch und alle Flügelrippen vor dem Holm sind gleich. Das vereinfachte den Bau ein wenig.
Als nächstes zeichnete ich die Ansichten des Rumpfes und der Spanten im Masstab 1:1. Grösster Querschnitt 65 x 30 cm! Dank vieler Bilder im Internet, habe ich die Konstruktion am Original angelehnt, zwar nicht mit Stahlrohr, sondern aus Kiefernleisten verwirklicht.
Die Frage des Motors war schnell gelöst. Da muss ein Valach Boxer hinein, natürlich der grösste. Die Zylinderköpfe ragen seitlich aus der Motorhaube heraus, genau wie bei den früh entstandenen Originalflugzeugen. Der Sound dieses Motors müsste perfekt zum Erscheinungsbild des Modells passen.
Die nächste Hürde war das Pendel- Seitenruder. Welche Scharniere halten das aus? Zumindest keine Standartteile aus dem Modellbaubereich. Nach langem überlegen entschied ich mich für M3 Kugelköpfe. Immer in Zweiergruppen und ein 3mm Stahldraht als Achse. Das funktioniert hervorragend spielfrei und ist um Klassen stabiler als das vorgenannte. Das Höhenruder war Fleissarbeit, beplankt mit 0,4 mm Sperrholz.
Als nächstes der Flügel: Mit Profile 2008 den Rippenstrak erstellt. Zum Glück nur neun Rippen pro Flügelhälfte. Dazischen im Nasenbereich jeweile zwei Hilfsrippen aus Balsa, das ist übersichtlich! Mein Freund Peter, stolzer Besitzer einer kleinen CNC Fräse, erklärte sich bereit, diese Arbeit auszuführen. Er bekam von mir die Dateien und das Sperrholz, eine Woche später konnte ich das Ergebnis abholen. Welch eine Erleichterung! Alle Rippen mit zwei Füsschen, perfekt! Der Rest ist modellbauerische Standartarbeit. Nur die Beplankung aus 0,6 mm Sperrholz war Neuland für mich. Alles exakt vorrichten, Schäftungen anschleifen, Weissleim beidseits aufstreichen, diesen trocknen lassen und dann mit dem Bügeleisen die Beplankung segmentweise auf Holm und Rippen aufbügeln. Das geht wunderbar, selbst um die Nasenleiste herum. Sobald der Weissleim sich durch die Hitze verbunden hat ist allerdings keine Korrektur mehr möglich, das muss einfach genau passen!
Die Bespannung der Rippenfelder geschah mit Gewebefolie (Oratex, Solartex). Oratex ist mir dabei in keiner guten Erinnerung geblieben. Nachdem die Kanten rundum aufgebügelt sind übt es beim spannen mit dem Heissluftfön so starke Kräfte auf das Bauteil aus, dass selbst massive Kiefernleisten nachgeben. Beim Seitenruder ist das heute noch zu sehen, trotz 12 x 12 mm Leistenquerschnitt. Solartex ist da wesentlich angenehmer. Deshalb kam das auch beim Rumpf zum Einsatz.
Das Fahrwerk verdient noch eine Beschreibung. Beim Bugfahrwerk beauftragte ich die Firma Wabo. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und hält bisher allen Belastungen klaglos stand. Für Lagerung, Federung und Lenkung sind meine Mittel begrenzt. Das Hauptfahrwerk entstand aus dünnwandigem Luftfahrt Stahlrohr in meinen Händen. Da ich vor ewigen Zeiten einmal ausgebildeter und geprüfter Flugzeugschweißer war, ist mir der Umgang mit dem Acetylen Schweissbrenner in Fleisch und Blut übergegangen. Die Rohrkonstruktion ist geschweisst! Zum Glück gibt es ein Youtube Video, in dem ein Zeitgenosse vorführt, wie der Federungsgummi beim Original zwischen den Fahrwerksbeinen eingebaut und gespannt wird. Für mich war das eine perfekte Hilfe zum Nachbau beim Modell. Beim Vorbild sind das dicke umsponnene Gummistränge. Meine Federungsgummis im Modell sind 15 mm breite Ringe, aus Fahrradschlauch geschnitten. Dieses Material ist fast unzerreisbar und dauerhaft. 10 Stück sind als Bündel eingebaut. Durch die Anzahl kann man die Federkraft wunderbar einstellen, erforderte aber einige Versuche.
Jetzt standen noch die Formteile an. Die Motorhaube wurde in Positivbauweise über einem Styrodurkern aus GFK erstellt. Diese Methode ist zeitintensiv, für ein Einzelstück dennoch die beste Lösung.
Bei der Kabinenhaube sieht das anders aus. Dafür muss ein Ziehklotz angefertigt werden. Reste eines Exotenholzes erschienen mir dafür geeignet. Nach sauberster Oberflächenbearbeitung und X-facher Lackierung mit 2-K Lack kam die Firma Ulmer ins Spiel . Helmut Ulmer ist anerkannter Spezialist für solche Arbeiten. Also das 18 kg schwere Formklotz hingeschickt und nach zwei Wochen kam alles inkl. 3 Kabinenhauben zurück . Doch was war das. Auf allen Klarsichtteilen war die Struktur des verwandten Holzes sichtbar, trotz perfekter Lackierung der Oberfläche. Die Hitze beim Zievorgang ist schuld! Beim nächsten Modell wird´s besser.
Die letzte Arbeit ist immer die Lackierung des Modells mit Autolack. Für mich ist das eine unangenehme Tätigkeit. Obwohl ich darin geübt bin, kann viel schiefgehen. Zum Glück ging es ohne Probleme, außer, dass der ganze Spritzraum samt Absauganlage und Lackierer gelb waren.
Am Ostersonntag 2013 war es dann soweit, der Erstflug stand an. Nach mehreren vorangegangenen Probeläufen und Einstellübungen lief der Valach zuverlässig. Noch ein paar Rollstrecken am Boden zum Eingewöhnen, am Startpunkt den Gashebel leicht nach vorne und mit sonorem Brummen war das gelbe Fliegerchen in der Luft, als hätte es nie etwas anderes getan. Die Ruderwirkung war sehr direkt. Ich mag das eigentlich so, weil ich normalerweise mit kleinsten Knüppelbewegungen am Sender fliege. Nachtrimmen war Fehlanzeige, alles passte auf Anhieb. Mir 25% Leistung kann man schön gemütlich vor der Nase hin und her fliegen. Kritische Eigenschaften beim Überziehen- Fehlanzeige. Trudeln ist nicht möglich, und ist selbst mit grösster Anstrengung am Knüppel nach einer halben angedeuteten Umdrehung beendet.
Mittlerweile ist Tipsy Nipper ein vielgeflogenes Modell und hat seine F-Schlepp Tauglichkeit bei vielen Grossseglerveranstaltungen unter Beweis gestellt. Flugzeugschlepp war dem Original jedoch fremd, mit 45 PS aus einem Stamo (umgebauter VW Motor) ist da nichts zu machen.
Wenn es auch bei Nipper nicht vorbildgetreu ist, ich baue Motorflieger nur zum Zweck des Seglerschlepps! Ausgefallene Flugzeugtypen müssen es sein, die kein anderer Modellflieger sein eigen nennt. Wilga??? never!!!