Archiv der Kategorie: Bauberichte

Die Tipsy Nipper Story

Hier der Baubericht eines kleinen Flugzeuges, dessen Original heute nahezu unbekannt ist.

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Um zu berichten wie es dazu kam, muss ich ein wenig weiter ausholen.

Schon als kleiner Bub´ bin ich mit meinem Vater in den neunzehnhundertsechziger Jahren zu diversen Flugtagen in der Umgebung gegangen. In dieser Zeit wurde Tipsy Nipper im Kunstflug dort vorgeführt. Ich selber habe davon absolut keine bildliche Erinnerung mehr. Einzig der Name dieses Flugzeuges (weil es sich so lustig anhört) kam wahrscheinlich öfters über die Lippen meines Vaters und prägte sich bei mir ein.   Es vergingen fünfzig Jahre und ab und zu kam während dieser Zeit der Name in Erinnerung, ohne zu wissen, wie das Ding überhaupt aussieht. So auch im Sommer 2012. Dank der modernen Zeit den Namen in eine Suchmaschine des Internets eingegeben und….. Was ist denn das für ein Fliegerchen! Wahnsinn!!! Und was für ein lustiges Fahrwerk mit den O-Beinen, wenn kein Pilot drinsitzt.  Daraufhin wurde alles was Youtube an passenden Videos hergibt aufgesaugt.  In meinem Hinterkopf begann es zu rumoren. Ideale Proportionen, der Massstab 1:2 = 3m Spannweite (beim Original 6m) wurde als zu klein verworfen. 3,5 m wären besser, also Massstab 1:1,7! Dreiseitenansichten gesucht und gefunden. Die Rechnerei begann. 1:1,7 als Verkleinerung ergibt 82 cm Flügeltiefe an der Tragflächenwurzel, dazu ein „halbsymmetrisches“ NACA Profil mit grossem Nasenradius, das müsste harmloseste Flugeigenschaften ergeben. Das Originalprofil verwenden?  Ist zwar auch ein NACA (23012), aber mit seltsamen Aussehen. Besser nicht, das Originalflugzeug trudelte damit anscheinend zu gut. Also kreierte ich mit meiner Profile 2008 Software ein NACA 2213 als Wurzelprofil und ein NACA 2316 als Randbogenprofil.  Ich denke, das war gut so! Bei dieser Kombination ist der Holm über die gesamte Spannweite gleich hoch und alle Flügelrippen vor dem Holm sind gleich. Das vereinfachte den Bau ein wenig.

Holmkonstruktion Der zweite beim verleimen
Holmkonstruktion
Der zweite beim verleimen

Als nächstes zeichnete ich die Ansichten des Rumpfes und der Spanten im Masstab 1:1.  Grösster Querschnitt 65 x 30 cm!  Dank vieler Bilder im Internet, habe ich die Konstruktion am Original angelehnt, zwar nicht mit Stahlrohr, sondern aus Kiefernleisten verwirklicht.

Das tragende Rumpfgerüst
Das tragende Rumpfgerüst
obere Formspanten mit Längsgurten
obere Formspanten mit Längsgurten

Die Frage des Motors war schnell gelöst. Da muss ein Valach Boxer hinein, natürlich der grösste. Die Zylinderköpfe ragen seitlich aus der Motorhaube heraus, genau wie bei den früh entstandenen Originalflugzeugen. Der Sound dieses Motors müsste perfekt zum Erscheinungsbild des Modells passen.

Valach 210
Valach 210

Die nächste Hürde war das Pendel- Seitenruder. Welche Scharniere halten das aus? Zumindest keine Standartteile aus dem Modellbaubereich. Nach langem überlegen entschied ich mich für M3 Kugelköpfe. Immer in Zweiergruppen und ein 3mm Stahldraht als Achse. Das funktioniert hervorragend spielfrei und ist um Klassen stabiler als das vorgenannte. Das Höhenruder war Fleissarbeit, beplankt mit 0,4 mm Sperrholz.

Seitenruder
Seitenruder
Leitwerk in frühem Rohbau
Leitwerk in frühem Rohbau

Als nächstes der Flügel:  Mit Profile 2008 den Rippenstrak erstellt. Zum Glück nur neun Rippen pro Flügelhälfte. Dazischen im Nasenbereich jeweile zwei Hilfsrippen aus Balsa, das ist übersichtlich! Mein Freund Peter, stolzer Besitzer einer kleinen CNC Fräse, erklärte sich bereit, diese Arbeit auszuführen. Er bekam von mir die Dateien und das Sperrholz, eine Woche später konnte ich das Ergebnis abholen. Welch eine Erleichterung! Alle Rippen mit zwei Füsschen, perfekt! Der Rest ist modellbauerische Standartarbeit. Nur die Beplankung aus 0,6 mm Sperrholz war Neuland für mich. Alles exakt vorrichten, Schäftungen anschleifen, Weissleim beidseits aufstreichen, diesen trocknen lassen und dann mit dem Bügeleisen die Beplankung segmentweise auf Holm und Rippen aufbügeln. Das geht wunderbar, selbst um die Nasenleiste herum. Sobald der Weissleim sich durch die Hitze verbunden hat ist allerdings keine Korrektur mehr möglich, das muss einfach genau passen!

Flügelrippen
Flügelrippen

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der erste Zusammenbau
der erste Zusammenbau
Das erste Beplankungssegment
Das erste Beplankungssegment

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abgetrenntes Querruder
abgetrenntes Querruder

Die Bespannung der Rippenfelder geschah mit Gewebefolie (Oratex, Solartex). Oratex ist mir dabei in keiner guten Erinnerung geblieben. Nachdem die Kanten rundum aufgebügelt sind übt es beim spannen mit dem Heissluftfön so starke Kräfte auf das Bauteil aus, dass selbst massive Kiefernleisten nachgeben. Beim Seitenruder ist das heute noch zu sehen, trotz 12 x 12 mm Leistenquerschnitt. Solartex ist da wesentlich angenehmer. Deshalb kam das auch beim Rumpf zum Einsatz.

bespannt
bespannt
bespanntes Höhenruder
bespanntes Höhenruder

Das Fahrwerk verdient noch eine Beschreibung.  Beim Bugfahrwerk beauftragte ich die Firma Wabo. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und hält bisher allen Belastungen klaglos stand.    Für Lagerung, Federung und Lenkung sind meine Mittel begrenzt.  Das Hauptfahrwerk entstand aus dünnwandigem Luftfahrt Stahlrohr in meinen Händen. Da ich vor ewigen Zeiten einmal ausgebildeter und geprüfter Flugzeugschweißer war, ist mir der Umgang mit dem Acetylen Schweissbrenner in Fleisch und Blut übergegangen. Die Rohrkonstruktion ist geschweisst!  Zum Glück gibt es ein Youtube Video, in dem ein Zeitgenosse vorführt, wie der Federungsgummi beim Original zwischen den Fahrwerksbeinen eingebaut und gespannt wird. Für mich war das eine perfekte Hilfe zum Nachbau beim Modell.  Beim Vorbild sind das dicke umsponnene Gummistränge. Meine Federungsgummis im Modell sind 15 mm breite Ringe, aus Fahrradschlauch geschnitten.  Dieses Material ist fast unzerreisbar und dauerhaft. 10 Stück sind als Bündel eingebaut. Durch die Anzahl kann man die Federkraft wunderbar einstellen, erforderte aber einige Versuche.

Hauptgahrwerk aus verschweisstem Luftfahrtstahlrohr
Hauptgahrwerk aus verschweisstem Luftfahrtstahlrohr

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Jetzt standen noch die Formteile an. Die Motorhaube wurde in Positivbauweise über einem Styrodurkern aus GFK erstellt. Diese Methode ist zeitintensiv, für ein Einzelstück dennoch die beste Lösung.

Formklotz der Motorhaube aus überlackiertem Styrodur
Formklotz der Motorhaube aus überlackiertem Styrodur
Das abgeformte Endprodukt
Das abgeformte Endprodukt

Bei der Kabinenhaube sieht das anders aus. Dafür muss ein Ziehklotz angefertigt werden. Reste eines Exotenholzes erschienen mir dafür geeignet. Nach sauberster Oberflächenbearbeitung und X-facher Lackierung  mit 2-K Lack  kam die Firma Ulmer ins Spiel . Helmut Ulmer ist anerkannter Spezialist für solche Arbeiten. Also das 18 kg schwere Formklotz hingeschickt und nach zwei Wochen kam alles inkl. 3 Kabinenhauben zurück . Doch was war das. Auf allen Klarsichtteilen war die Struktur des verwandten Holzes sichtbar, trotz perfekter Lackierung der Oberfläche. Die Hitze beim Zievorgang ist schuld! Beim nächsten Modell wird´s besser.

Kabinenhaubenformklotz beim verleimen
Kabinenhaubenformklotz beim verleimen
nach der Produktion von Spänen und Schleifstaub
nach der Produktion von Spänen und Schleifstaub
lackiert
lackiert
der Haubenrohling mit Rahmen aus vielfach verleimten Sperrholz
der Haubenrohling mit Rahmen aus vielfach verleimten Sperrholz
die Kabinenhaube im Rohbau, zum Schutz abgeklebt
die Kabinenhaube im Rohbau, zum Schutz abgeklebt

Die letzte Arbeit ist immer die Lackierung des Modells mit Autolack. Für mich ist das eine unangenehme Tätigkeit. Obwohl ich darin geübt bin, kann viel schiefgehen. Zum Glück ging es ohne Probleme, außer, dass der ganze Spritzraum samt Absauganlage und Lackierer gelb waren.

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der bespannte Rumpf
der bespannte Rumpf
lackiert
lackiert

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Bugfahrwerk
Bugfahrwerk
da steht sie nun
da steht sie nun

 

Am Ostersonntag 2013 war es dann soweit, der Erstflug stand an. Nach mehreren vorangegangenen Probeläufen und Einstellübungen lief der Valach zuverlässig. Noch ein paar Rollstrecken am Boden zum Eingewöhnen, am Startpunkt den Gashebel leicht nach vorne und mit sonorem Brummen war das gelbe Fliegerchen in der Luft, als hätte es nie etwas anderes getan. Die Ruderwirkung war sehr direkt. Ich mag das eigentlich so, weil ich normalerweise mit kleinsten Knüppelbewegungen am Sender fliege. Nachtrimmen war Fehlanzeige, alles passte auf Anhieb. Mir 25% Leistung kann man schön gemütlich vor der Nase hin und her fliegen. Kritische Eigenschaften beim Überziehen- Fehlanzeige. Trudeln ist nicht möglich, und ist selbst mit grösster Anstrengung am Knüppel nach einer halben angedeuteten Umdrehung beendet.

Valach 210
Valach 210

 

Mittlerweile ist Tipsy Nipper ein vielgeflogenes Modell und hat seine F-Schlepp Tauglichkeit bei vielen Grossseglerveranstaltungen unter Beweis gestellt. Flugzeugschlepp war dem Original jedoch fremd, mit 45 PS aus einem Stamo (umgebauter VW Motor) ist da nichts zu machen.

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Wenn es auch bei Nipper nicht vorbildgetreu ist, ich baue Motorflieger nur zum Zweck des Seglerschlepps! Ausgefallene Flugzeugtypen müssen es sein, die kein anderer Modellflieger sein eigen nennt.  Wilga??? never!!!

 

Jodel Remorquer DR400 mit DLE111. Die Geschichte dazu

Als ich die Jodel übernommen hatte war ein DLE111 mit Edelstahldämpfer eingebaut. Der DLE hatte nicht übermäßig viel Kraft, man konnte aber noch ganz gut damit schleppen. Der Motor überzeugte durch gute Laufkultur und ein problemloses Anspringverhalten. Es zeigte sich aber schnell dass der Motor zu wenig Kühlung bekam. Dass Problem war, dass in der Haube um den Motor zu viel Freiraum war, und die Kühlluft nicht über die Zylinder floss, sondern sich den leichtesten Weg an den Kühlrippen vorbei ihren Weg ins Freie suchte. Es war zwar ein kurzes „Windleitblech“ an der Haubeninnenseite angebracht, aber dieses endete ca. 5cm vor den Zylindern…. Ich hatte das zwar gesehen und wahrgenommen, verdrängte aber meine Sorgen und dachte: Wird schon irgendwie funktionieren…hat ja vorher auch funktioniert…

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Es kam wie es kommen musste: Im Juli / August bei heißen Temperaturen um die 30°C beim Schlepp von Knuts 6,50m ES49 Doppelsitzer mit 24,99kg ist der DLE in ca. 300m Höhe fest gegangen. Der Kolbenfresser löste sich zwar sofort wieder, aber die Verdichtung und die Leistung waren dahin.

Ich bestellte bei KPO Modellbau neue Zylinder, neue Kolben und Kolbenringe und baute den Motor sorgfältig neu auf.

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Desweiteren baute ich eine neue Kühlluftführung aus Balsaholz so dass die Kühlluft direkt über die Zylinder strömen musste. Die alten zu lauten Edelstahldämpfer mussten größeren Alu Dämpfer von MJM James Metternich mit maßgefertigten Krümmern weichen.

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Auf einer Web Seite einer Technischen Universität laß ich einen hochinteressanten Artikel über Wäremstrahlung (Konvektion) bei Solar Modulen. In einem Forum wurde darüber diskutiert welchen Einfluß die Oberfläche eines Solarpanels auf die Wärmeaufnahme durch IR Strahlung hat. Es gab Messungen in welcher Zeit und mit welchen Delta t (C°) sich schwarze Oberflächen schneller bei entsprechender Wärmestrahlung erwärmen wie blanke Oberflächen. Das ganze sei auch reversibel, also auch umgekehrt gültig. Schwarze Oberflächen kühlen auch schneller ab wie blanke. Je größer das Delta t(C°) zur Umgebungstemperatur ist, umso größer ist der Unterschied zwischen schwarzen und blanken Oberflächen was die Wärmeaufnahme bzw. Wärmeabgabe betrifft. Vor allem bei Temperaturen ab 100°C sei dieser Effekt deutlich messbar.

Diese Ergebnisse machte ich mir zu nutze und lackierte die neuen Zylinder des DLE 111 mit schwarzem hitzebständigen Lack von Dupli Color: Supertherm 800.

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Der reparierte Motor lief tadellos und hatte durch die größeren Schalldämpfer von MJM auch spürbar mehr Leistung. Auch die Kühlung funktionierte sehr gut. Ich schätze der Motor lief in diesem Zustand so ca. 10-15 Stunden. Leider hatte der Motor durch den ersten Kolbenfresser Schäden am Kurbeltrieb und machte im Betrieb auf einmal Geräusche. Nach erneuter Demontage der Zylinder sah ich, dass die Gewinde des Kurbelgehäuses beschädigt sind. Es fehlten teilweise bis zu 5mm Gewindegang… ich hatte die Nase mit dem DLE111 endgültig voll. Der Motor wurde als Ersatzteilträger und als Defekt verkauft.

Der DLE wurde gegen einen 3W110 B2 ausgetauscht. Natürlich mussten wieder neue Krümmer bei MJM bestellt werden. Ebenfalls passte der Abstand von den Befestigungsaufnahmen bis zur Öffnung der Motorhaube nicht mehr. Für die neuen Auspuffkrümmer fertigte ich mit runden Scheiben (Lochsäge mit 25mm Durchmesser) ein Modell aus 5-8mm Pappelsperrholz die auf einem Kupferkabel aufgefädelt sehr schön an die notwendige Geometrie vom Auspuff- Flansch zum Schalldämpfer angepasst werden können. Mit Sekundenkleber fixiert, entstand so relativ schnell ein Modell nach dem James Metternich die beiden Krümmer für den neuen 3W110 biegen konnte.

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Auf Grund der sehr guten Erfahrungen bei heißen Wetterlagen im F- Schleppbetrieb wurde der 3W analog zu dem DLE mit dem Dupli Color Supertherm 800 lackiert. Ich habe zusätzlich an beiden Zylindern die Gußnähte vollständig und sauber entfernt, und die Kühlluftführung über die Zylinder aus 3mm Balsaholz vom DLE111 auf den 3W110 angepasst. Ich lies den 3W entgegen meiner üblichen Methode nicht auf einem Prüfstand einlaufen, sondern gleich im Modell. Die ersten Liter lief der 3W mit mineralischem Zweitaktöl von 3W, danach wechselte ich auf vollythetisches 3W Öl, dass in Verbindung mit Shell V Power im Mix 1:40 den 3W schmiert und befeuert Der Leistungsunterschied zwischen den beiden Motoren ist groß! Der DLE drehte eine 25x12x3 Luftschraube mit etwa 5200U/Min. Der 3W110 dreht eine leicht gekürzte 27x12x3 mit guten 5500U/Min. Das sind im Schleppbetrieb Welten. Mit dem 3W gab es ab dem ersten Tag null Probleme. Der Motor läuft sehr gut und ist ausreichend um 25kg Segler auf Höhe zu schleppen. Da die Jodel sehr leicht gebaut ist, funktioniert das mit schweren Seglern ganz gut. Mit der Sportsmann und dem 150er geht das natürlich souveräner aber mit dem 110er gehts auch 🙂

Ich wollte Euch mit meinem Artikel Anregungen geben sich über die Kühlung bei einem F- Schlepper Gedanken zu machen. Gerade bei F-Schleppbetrieb mit großen und schweren Seglern werden oftmals nur geringe Fluggeschwindigkeiten erreicht die nicht schneller als 60-65km/h sein könnnen (gemessen). Der Motor dreht dann unter Vollast während ihm wortwörtlich die Luft weg bleibt. Darum ist es für eine lange Lebensdauer eines F- Schlepp Motors wichtig dass dieser gut gekühlt wird. Es lohnt sich auch finanziell sich vorher mal ein paar Gedanken über die Kühlung seines Motors zu machen. Achtet darauf dass keine zu großen Luftspalte (am besten gar keine) zwischen Haube und Zylinder vorhanden sind. Die Luft sucht sich immer den leichtesten Weg. Und der geht leider nicht immer durch die Kühlrippen ins Freie.